"Chesterton on Trains, or, the Art Of Disorientation:
Abstract
Chesteron und die Eisenbahn, oder die Kunst des Sich-Verirrens (mit einigen Anmerkungen zu Chesterton und Walter Benjamin) Chesterton war fasziniert von Bahnhöfen und Eisenbahnfahrten. Er hatte ein besonderes Verhältnis zu ihnen, was verschiedene biographische Anekdoten nahelegen. Sie lösten in ihm originelle Gedanken aus, etwa über das Verhältnis von Vergangenheit und Zukunft. Die Gestalt viktorianischer Bahnhöfe, die einerseits von architektonischen Wünschen, andererseits von ingenieurtechnischen Erfordernissen geprägt waren, strukturiert ihrerseits die Wahrnehmung Chestertons. In Bahnhöfen bewegt sich Chesterton als Archäologe und Entzifferer der Mythen der Moderne und ist in dieser Hinsicht vergleichbar mit Walter Benjamin und dessen Archäologie der Moderne in Berliner Kindheit um 1900 und seinem Passagenwerk. Beide Autoren kultivieren den Blick auf das Nutzlose und verfolgen eine Strategie der Desorientierung, die das Vertraute in einem fremden, dadurch aber frischen Licht erscheinen läßt. In mancher Hinsicht ist dieser Blick ein kindlicher. Chesterton verweist in seiner Autobiographie auf diesen Zusammenhang, indem er eine Theorie der Erinnerung skizziert, die Ähnlichkeiten mit Prousts Einsichten zeigt. Diese Theorie basiert auf dem Konzept der Überraschung und kann in seinen Essays über Bahnhöfe und Eisenbahnfahrten beispielhaft erkundet werden.